Interview: Lille/Defeated Sanity (Juli 2007)

Seit 1994 treiben DEFEATED SANITY nun schon ihr Unwesen, trotzdem wurde, nach einigen Demos und Splits, erst 10 Jahre später die Full-Lengh „Prelude To The Tragedy“ veröffentlicht. Das gute Stück war eine Wonne für die geschundenen Ohren alter GORGUTS Fans und wurde dementsprechend abgefeiert.
Dieses Jahr gabs dann Album Nummer zwei namens „Psalms Of The Moribund“, welches international für helle Aufregung sorgen konnte und ernsthafte Ambitionen zeigt DISGORGE vom Brutal-Deaththron zu vertreiben.

Was liegt da also näher als Berlins geilste Sau mit intimen Fragen zu durchbohren?

Hallihallo Lille, wie schauts aus bei euch?

Alles klar! Sind gerade aus Holland zurück, haben da mit Napalm Death gespielt. Ausserdem sieht´s so aus, als ob ein neues Demo ansteht, so Ende des Jahres.

Du bist gerade bei MUCOPUS als Livedrummer eingesprungen, wie ist es dazu gekommen und wie war die Zusammenarbeit?

Der Drummer von ihnen konnte wegen fehlenden Papieren nicht nach Europa kommen, also hat mir Justin eine ziemlich verzweifelte E-mail geschrieben, ob ich denn nicht noch auf die Schnelle einspringen könnte. Ich habe dann ziemlich schnell mich entschlossen, das zu machen und es war ne geile Zeit mit ihnen. Ich finde, das MUCOPUS live immer besser klingen als auf Platte, sie spielen immer sehr krasse Shows und gehen übelst ab auf der Bühne.

Allerdings, davon konnte man sich ja zuletzt auf dem Deathfeast Open Air überzeugen. Wie fandest du eigentlich das Festival selber und wie bewertest du eure eigene Show mit DEFEATED? Ich hab euch dort zum ersten Mal gesehen und fands ziemlich geil, allerdings war der Sound vor der Bühne leider etwas matschig.

Das Festival könnte ein würdiger Nachfolger zum FTC zu den guten Zeiten werden. Unsere Show hat mir nicht so gut gefallen, bei Tageslicht spielen ist immer ätzend, du wirst durch jede Kleinigkeit abgelenkt. Da hinter der Bühne läuft der so und so rum und da im Publikum steht der so und so... Außerdem hatten wir quasi keinen Soundcheck, weil alles immer so verfickt schnell gehen muss bei so vielen Bands. Sorry, sei nächstes Mal da, wenn wir spielen, dann versuchen wir eine bessere Show zu bieten.

Da dies euer erster Auftritt im Carnage'zine ist (warum auch immer… wer ist hier überhaupt verantwortlich!?), wäre es vielleicht sinnvoll die DSgeschichte einmal kurz zusammenzufassen. Wer/Wie/Was/Wieso/Weshalb/Warum hat alles angefangen?

Wolfgang und ich haben 1994 angefangen Demos für uns selbst aufzunehmen, wobei wir uns die Instrumente aufgeteilt haben. Es hat dann ziemlich lange gedauert, bis dann 1998/99 endlich ein solides LineUp entstanden ist und ab diesem Punkt wurde es schlicht und einfach immer schneller, brutaler, tighter und technischer....die volle History lest ihr am besten auf www.defeated-sanity.com nach.

Seinerzeit (1999-2002) hat ja auch Christian Münzner (mittlerweile schon wieder ex-NECROPHAGIST) bei euch geklampft. War Necro dann letztendlich der Trennungsgrund oder wäre er so oder so irgendwann gegangen? Ich meine Wolfgangs „gorgutischer“ und Christians eher melodischer Stil unterscheiden sich ja dann schon etwas. Und war Christian beim Schreiben der Songs zur „Prelude To The Tragedy“ noch beteiligt?

Ziemlich kurz nachdem Christian bei uns eingestiegen ist, wurde beiden Partien klar, dass DS nicht das Richtige für ihn war. Er war immer eher von Sachen wie Paul Gilbert, Shawn Lane oder Holdsworth beeinflusst, wobei wir immer schon viel düsterer und abgefuckter klingen wollten. Ausserdem war Christian glaub ich mit der Geld Situation als blutige Underground Band nicht zufrieden, was ich durchaus verstehen kann. Als er dann ausgestiegen ist, ist er erstmal bei Hatred, einer lokalen Thrashband eingestiegen, bevor er zu Necrophagist ging. Am Songwriting war Christian nur auf der „Parasite“ Split beteiligt.

Ihr habt seit einiger Zeit euere zweite Langrille „Psalms Of The Moribund“ raus. Die Reaktionen sind überwiegend äußerst positiv ausgefallen, wie ist die Welle der Begeisterung bei euch angekommen?

Wir sind natürlich stolz und froh, dass die Leute endlich unsere Musik zu schätzen wissen, wir haben uns immerhin den Arsch dafür aufgerissen. Ich hoffe, wir können unsere Fanbasis jetzt immer weiter ausbauen.

Von der „Prelude To The Tragedy” gab es eine Menge Lineupwechsel, wie haben sich die drei Neuen Jens (v), Christian (g) und Jacob (b) ins Gesamtbild eingefügt, bzw. in wieweit waren sie am Songwriting beteiligt?

Die Band ist jetzt besser denn je. Wir hatten immer Leute dabei, die nicht den Enthusiasmus, den wir hatten, geteilt haben. Jetzt merkt man, dass alle 100% dabei sind. Am Songwriting hat Christian die Hälfte von Engorged geschrieben und Jens ergänzt immer ein paar Zeilen zu den Texten. Ich denke die Zusammenarbeit wird jetzt aber noch mehr werden.

Der Sound zwischen der „Prelude...“, der „Promo 2005“ und der „Psalms...“ ist völlig verschieden. Wobei ich finde dass „Psalms“ so ein bisschen die Grätsche zwischen „Prelude...“ und der Promo ist. Wie kam es dazu? Ward ihr mit dem Preludesound nicht mehr zufrieden?

Wir streben schlicht und einfach immer nach mehr Brutalität und wollten dabei aber auch natürlich bleiben, und ausserdem ist es immer gut, wenn man doch noch ein paar Läufe hört. Deswegen haben wir uns zu diesem Sound entschlossen. Wir möchten allerdings alle mehr von diesem Druck zurück, der auf den ersten beiden Songs der „Promo'05“ drauf ist. Es geht hier vorwiegend um den Gitarrensound, er muss massiver und gain-lastiger werden.

Erzähl doch noch mal ein bisschen zu den Aufnahmen selber. Ich habe gehört dass ihr eure Spuren alle gleichzeitig aufgenommen habt? Stimmt das?

Zu ca. 60% sind die Songs tatsächlich zusammen eingespielt. Wir hatten eine Live-Spur von den Gitarren und vom Bass, die sind wir dann, nachdem wir das Schlagzeug fertig gemacht haben, durchgegangen und haben die fehlerhaften/unsauberen Parts nachgebessert. Das hat einerseits sehr viel von der Power eingefangen die wir Live und im Proberaum haben, und andererseits hat es viel Zeit gespart.

Jacob kommt ja nun von CEREBRIC TURMOIL, bleibt er bei euch nur Sessionbassist oder hat er sich entschieden jetzt doch eine feste Stelle zu besetzen? Und wie läuft es eigentlich mit seiner eigenen Band?

Jacob ist jetzt fest dabei. CEREBRIC TURMOIL haben zwei abartige neue Songs, die sie glaube ich im Oktober 2007 aufnehmen wollen. Sie haben sich stark verbessert vom letzten Mal, als ich sie gesehen habe.

Was hat euch eigentlich dazu bewegt den Titeltrack des ersten Albums noch einmal aufzunehmen und auf der „Psalms...“ wiederzuveröffentlichen?

„Prelude...“ war auf der ersten Platte ein brandneuer Track, den wir aber unbedingt dabei haben wollten, da er einen Ausblick auf die neue, brutalere Ausrichtung der Band geben sollte. Deswegen war es auch der letzte Track. Tino,der damalige Bassist kannte den Song im Studio noch gar nicht, und musste die Parts Stück für Stück lernen und dann gleich einspielen. Ähnlich war´s beim Schlagzeug. Auf jeden Fall, wollten wir den Song eben noch mal in Perfektion aufnehmen.

So ist das also. Gibt es denn auf der „Psalms...“ einen ähnlichen Fall? Oder seid ihr jetzt, abgesehen vom Sound, endlich mal zufrieden? :-)

Ich bin mit den Songs absolut zufrieden, bloß ist es schade, dass die Leute unsere Songs, so wie wir sie im Kopf kennen, nicht hören können. Du würdest wahrscheinlich staunen, wenn du mal die Gitarren alleine hören würdest, was da alles noch drin ist. Bands wie Nile oder so haben natürlich im Studio 6 Wochen mehr Zeit als wir, das heisst sie können sich um jedes noch so kleine Detail kümmern. Ich glaube nicht, dass wir einen Song neu aufnehmen werden, aber zum Beispiel „Arousal“ hat nicht das Feeling, das ich mir von dem Song erhofft habe. Kommt zu den Konzerten, da spielen wir die Songs, wie sie gehören!

Im Booklet steht all Lyrics by DEFEATED SANITY. Wer genau war denn da am Werk und sind die Texte vor der Musik entstanden? Denn man hat des Öfteren das Gefühl dass die Musik auf den Lyrics aufbaut. Ein großes Lob erstmal dafür.

Freut mich, zu hören, dass dir die Texte gefallen. Sie sind zu 90% von mir. Wolfgang hat sehr viele Themen, über die er mir sozusagen einen Auftrag gibt. „Hideously Disembodied“ war z.B. seine Idee. Jens hilft auch wie gesagt mit ein paar Zeilen. Die Texte sind nicht vor der Musik entstanden.

Du bist als äußerst vielseitiger Drummer bekannt, nenn mir doch mal schnell deine 3 größten Einflüsse.

Ugh, dass ist schwer. Tony Williams ist definitiv dabei. Er hat z.B. für Miles Davis gespielt. Alex Marquez von SOLSTICE/MALEVOLENT CREATION sollte ich wohl nennen. Für die ultimative Brutalität und Kompromisslosigkeit auf jeden Ricky Myers von DISGORGE. Aber man kann das nicht auf drei reduzieren, da fehlen noch einige.....

Jetzt muss ich trotzdem mal fragen damit dieses Mysterium ein für alle Mal geklärt ist: Ist der gute Wolfgang dein Vater? Los sag schon!

Ja.

YES! Die Katze ist aus dem Sack!! Wo wir gerade dabei sind, erzähl doch noch mal kurz etwas über Wolfgangs Werdegang. Er hat doch nicht schon immer Brutal-Death gezockt?

Er hat in den Siebzigern und was weiß ich in was für Jahrzehnten in ungefähr 10 verschiedenen Jazz und Rockbands vorwiegend als Drummer gespielt. Meine Lieblingsband aus seiner Vergangenheit ist LOCKO RICHTER AGREEMENT, die haben alles Mögliche gemacht, Rock'n'Roll, Blues, FreeJazz, HardRock, aber alles mit einem roten Faden und eigenem Touch. Denke nicht, dass jemand von ihnen gehört hat, oder je hören wird, aber für mich war diese Musik ein großer Einfluss.

Ich hab vor kurzem gelesen dass du gar nicht mehr bei SINNERS BLEED Gitarre spielst? Wie kam es zu der Trennung?

Ich hatte einfach keine Zeit mehr, musste zu der Zeit mein Studium abschließen und ausserdem war es noch nie meine Musik, bei der ich mit meiner ganzen Seele dabei sein konnte. Geld konnte ich mit ihnen auch nicht verdienen, also musste ich aussteigen.

Wie sieht die Zukunft aus? Gibt es jetzt erstmal Auftritte oder hab ihr schon wieder neue Ideen am Wickel?

Wie gesagt, wir haben Material für drei neue Songs, die ein Demo bilden werden. Wir müssen sie aber erstmal einproben, was ziemlich schwer ist, da einer immer aus Hamburg, der andere immer aus Bayern nach Berlin fahren muss. Und niemand hat wirklich das Geld dafür, immer rumzureisen.

Vielen Dank für deine kostbare Zeit. Ich hoffe ich bin dir nicht zu sehr auf die Nerven gegangen. Du hast das letzte Wort:

Danke für das Interview!
Stay brutal
Lille

Interview: Marte Auer (Juli 2007)